Das deutsche Steuerrecht wird oft als äußerst komplex angesehen. Mit der Einführung hegte man den Wunsch, auf möglichst viele individuelle Vorfälle reagieren zu können. Die sogenannten außergewöhnlichen Belastungen bieten die Chance, Ihre Steuerausgaben zu senken. Was es hiermit auf sich hat und wie Sie die Kosten in der Steuererklärung angeben, beleuchten wir!
Was sind außergewöhnliche Belastungen?
Unter außergewöhnlichen Belastungen versteht das deutsche Steuerrecht Kosten, die einem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstehen und die deutlich über den normalen Lebenshaltungskosten liegen. Diese Kosten müssen außergewöhnlich und unvorhersehbar sein, etwa aufgrund von Krankheit, Behinderung oder besonderen familiären Umständen.
Ein entscheidendes Merkmal der außergewöhnlichen Belastungen ist, dass sie nicht durch eine gewöhnliche Lebensführung abgedeckt werden. Sie müssen dem Steuerpflichtigen außergewöhnliche, unzumutbare Belastungen auferlegen, die im normalen Alltag nicht zu erwarten sind.
Wer kann außergewöhnliche Belastungen geltend machen?
Grundsätzlich kann jeder Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen in seiner Steuererklärung geltend machen, wenn er mit entsprechenden Kosten konfrontiert ist. Dies gilt für:
- Einzelpersonen
- Verheiratete Paare oder eingetragene Lebenspartnerschaften
- Alleinerziehende oder Familien mit Kindern
Nicht alle außergewöhnlichen Belastungen können sofort in voller Höhe von der Steuer abgesetzt werden. Das Steuerrecht sieht vor, dass es eine zumutbare Eigenbelastung gibt, die je nach Einkommenshöhe und familiärer Situation variiert. Nur die Kosten, die diese zumutbare Belastung überschreiten, können abgesetzt werden.
Welche Kosten sind außergewöhnliche Belastungen?
Bei der Unterscheidung der außergewöhnlichen Belastungen wird in verschiedene Kategorien unterteilt:
Krankheitskosten
Sofern nicht von der Krankenkasse übernommen, können Krankheitskosten zu außergewöhnlichen Belastungen werden:
- Medikamente und Arztbesuche
- Zahnersatz oder Kieferorthopädische Behandlungen
- Heilpraktikerleistungen, wenn diese medizinisch notwendig sind und nicht von der Krankenkasse übernommen werden
- Therapiekosten, die über das übliche Maß hinausgehen
Pflegekosten
Für Menschen, die aufgrund von Krankheit oder Alter auf Pflege angewiesen sind, können Pflegekosten ebenfalls als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden. Hierzu zählen sowohl ambulante als auch stationäre Pflegeleistungen, die nicht durch die Kranken- oder Pflegeversicherung abgedeckt sind.
Kosten bedingt durch Behinderung
Personen mit Behinderung können ebenfalls außergewöhnliche Belastungen geltend machen. So sind beispielsweise der behindertengerechte Umbau des Hauses oder spezielle Hilfsmittel ansetzbar. Aber auch Kosten, die zur Beförderung behinderter Menschen dienen.
Bestattungskosten
In vielen Fällen können Bestattungskosten als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden, wenn diese die zumutbare Eigenbelastung übersteigen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Erbe nicht in der Lage ist, diese Kosten zu tragen.
Weitere außergewöhnliche Belastungen
Zu den „sonstigen außergewöhnlichen Belastungen“ zählen unter anderem:
- Unterhaltszahlungen an bedürftige Angehörige
- Kosten für ein Pflegeheim, wenn diese nicht durch eine Pflegeversicherung oder das Sozialamt gedeckt sind
- Rechtskosten für Rechtsstreitigkeiten, die durch unverschuldete Notlagen entstehen
Im Jahr 2023 können Aufwendungen bis zu 10.908 Euro abgezogen werden (im Jahr 2022 waren es 10.347 Euro und im Jahr 2021 9.744 Euro). Dieser Höchstbetrag kann zusätzlich um den Betrag erhöht werden, den Sie für die Basiskranken- und Pflegeversicherung der unterstützten Person gezahlt haben.
Wie erfolgt die Berechnung der außergewöhnlichen Belastungen?
Die zumutbare Eigenbelastung
Bevor Sie außergewöhnliche Belastungen von der Steuer absetzen können, müssen Sie wissen, was als zumutbare Eigenbelastung gilt. Diese hängt vom Gesamtbetrag der Einkünfte ab und variiert je nach Familienstand und Kinderzahl. Die Höhe der zumutbaren Belastung wird anhand von Tabellen des Bundesfinanzministeriums berechnet und liegt zwischen 1% und 7% des Einkommens.
Beachtet werden seitens des Finanzamtes folgende Bestandteile:
- Gesamteinkünfte
- Familienstand
- Anzahl Ihrer Kinder
Nutzen Sie den Rechner für zumutbare Belastungen, um sich einen ersten Überblick über Ihre persönliche Situation zu machen.
Beispiel:
Für Alleinstehende mit einem Einkommen von 30.000 Euro liegt die zumutbare Belastung bei etwa 4% des Einkommens, also 1.200 Euro.
Fallen in diesem Beispiel der Person nun Krankheitskosten von 2.000 Euro an, könnte sie den Betrag von 800 Euro (2.000 Euro – 1.200 Euro) als außergewöhnliche Belastung absetzen.
Übrigens: Das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens hat dafür Sorge getragen, dass Sie Ihre Belege zunächst nicht mehr mit der Steuererklärung übermitteln müssen. Erst nach Aufforderung Ihres zuständigen Finanzamtes müssen Sie diese darlegen.
Über die außergewöhnlichen Belastungen die Steuern mindern
Das Absetzen von außergewöhnlichen Belastungen bietet Ihnen die Optiont, Ihre Steuerlast zu senken. Wer mit unvorhergesehenen und zwangsläufigen Kosten konfrontiert ist, gibt diese in der Steuererklärung an.
FAQ´s
Gibt es Einschränkungen und Ausschlüsse für außergewöhnliche Belastungen?
Es gibt Einschränkungen im Bereich der außergewöhnlichen Belastungen. Beispielhaft können freiwillige Zahlungen bzw. Spenden an Wohltätigkeitsorganisationen sein. Auch Kosten für private Reisen – auch wenn durch Krankheit erforderlich – können nicht angesetzt werden.
Wo in der Steuererklärung machen Sie außergewöhnliche Belastungen geltend?
Die außergewöhnlichen Belastungen werden innerhalb der Steuererklärung ab Zeile 19 eingetragen.
Können die außergewöhnlichen Belastungen auf mehrere Jahre aufgeteilt werden?
Grundsätzlich funktioniert das nicht. Die Kosten sind in dem Jahr in der Steuererklärung anzugeben, in denen sie auch entstanden sind. Sogenannte “atypische Sonderfälle” können eine Aufteilung über mehrere Jahre ermöglichen. Es handelt sich aber stets um individuelle Entscheidungen des Finanzamtes.