Menschen mit schwerer Behinderung haben in Deutschland besondere Rechte, die ihnen die Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gesellschaft erleichtern sollen. Wenn Sie keinen Schwerbehindertenausweis haben, können Sie unter gewissen Voraussetzungen mit schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden. Wie das funktioniert, wer für die Gleichstellung in Frage kommt, und wie Sie einen Antrag stellen, erfahren Sie in unserem Artikel.
Gleichstellung: Warum?
Ab einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 bekommen Menschen in Deutschland einen Schwerbehindertenausweis mit Merkzeichen. Je nach GdB und Merkzeichen bekommen Schwerbehinderte Nachteilsausgleiche.
Dabei handelt es sich um Leistungen und Vorteile, die die Nachteile der Behinderung ausgleichen sollen. Schwerbehinderte können zum Beispiel gesonderte Behindertenparkplätze nutzen, von Steuerentlastungen profitieren und erhalten unter Umständen Vergünstigungen bei Bussen und Bahnen.
Auch wenn Sie keinen Schwerbehindertenausweis und einen niedrigeren GdB als 50 haben, können Sie einige dieser Vorteile nutzen. Dafür müssen Sie sich mit Schwerbehinderten gleichstellen lassen.
Vorteile für den Arbeitsmarkt
Mit der Gleichstellung sollen besonders Ihre Chancen am Arbeitsmarkt und Ihr Arbeitsleben verbessert werden. Folgende Vorteile Unterstützen Sie in Ihrem Berufsleben:
- Spezieller Kündigungsschutz (nach SGB IX – Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen),
- finanzielle Unterstützung für Hilfsmittel und Programme am Arbeitsplatz,
- spezielle Fachdienste,
- Förderung durch die Integrationsämter und
- wirtschaftliche Zuschüsse und Förderungen für Ihren Arbeitgeber.
Wer kann sich gleichstellen lassen?
Für die Gleichstellung kommen Menschen mit Behinderung und einem GdB von mindestens 30 und unter 50 in Frage. Den GdB muss Ihr Versorgungsamt feststellen. Alternativ kann der Rentenbescheid Ihrer Unfallversicherung als Nachweis für Ihre Behinderung dienen. Darauf muss vermerkt sein, dass eine Erwerbsminderung von 30% oder 40% besteht.
Weitere Voraussetzung für die Gleichstellung ist, dass Ihr Arbeitsplatz wegen Ihrer Behinderung bedroht ist, oder Sie aufgrund Ihrer Behinderung Probleme haben, eine geeignete Arbeitsstelle zu finden. Folgende Gründe können dafür ausschlaggebend sein:
- Sie wurden bereits von Vorgesetzten abgemahnt,
- Sie benötigen laufend Unterstützung durch Ihre Arbeitskollegen,
- Ihre Mobilität ist eingeschränkt,
- Sie haben häufige Fehlzeiten und/oder
- eine geringe Belastbarkeit.
Weitere Voraussetzungen
Darüber hinaus ist Voraussetzung, dass Sie rechtmäßig in Deutschland wohnen oder arbeiten, oder sich hier rechtmäßig aufhalten. Das bedeutet, nicht nur deutsche Staatsbürger und EU-Bürger qualifizieren sich für die Gleichstellung, sondern auch Staatsbürger von Drittstaaten, solange sie eine gültige Aufenthaltserlaubnis oder Duldung haben.
Wie kann ich einen Gleichstellungsantrag stellen?
Um mit schwerbehinderten Menschen gleichgestellt zu werden, müssen Sie einen Antrag bei der Agentur für Arbeit stellen:
1. Antrag stellen
Den Antrag können Sie formlos schriftlich, telefonisch oder persönlich bei Ihrer zuständigen Dienststelle der Agentur für Arbeit stellen. Alternativ können Sie einen Online-Antrag stellen. Auf der Homepage der Bundesagentur für Arbeit finden Sie ein Online-Antragsformular.
Bei diesem Formular müssen Sie Ihre Daten eingeben und einige Fragen zu Ihrer Behinderung beantworten. Darüber hinaus müssen Sie einen Nachweis für Ihren GdB vorweisen. Das kann entweder die Feststellung des GdB von Ihrem Versorgungsamt sein, oder der Rentenbescheid mit einer Erwerbsminderung von 30-40% von Ihrem Unfallversicherungsträger. Diese Unterlagen können Sie ganz einfach online hochladen.
2. Bearbeitung durch die Arbeitsagentur
Die Agentur für Arbeit überprüft nun Ihre Angaben und Unterlagen und bearbeitet den Antrag. Dazu werden unter Umständen auch Ihr Arbeitgeber, Ihre Schwerbehindertenvertretung und Ihr Betriebs- oder Personalrat über Ihr Arbeitsverhältnis und die Situation an Ihrem Arbeitsplatz befragt. Das geschieht jedoch nur mit Ihrer Einwilligung.
3. Bescheid erhalten
Nachdem Ihre Angaben und Unterlagen überprüft wurden, erhalten Sie einen Bescheid von der Agentur für Arbeit. Das kann einige Tage bis Wochen dauern. Genauere Angaben über die Bearbeitungsdauer erhalten Sie bei Ihrer zuständigen Dienststelle.
Die Antragstellung ist für Sie kostenlos.
Antrag abgelehnt: Was tun?
Ist der Bescheid positiv, so können Sie nun viele Nachteilsausgleiche für schwerbehinderte Menschen nutzen. Wenn Sie dagegen einen negativen Bescheid erhalten, können Sie dagegen Widerspruch erheben. Wird auch Ihr Widerspruch abgelehnt, so können Sie eine Klage vor dem Sozialgericht erheben.
Mit Schwerbehinderten gleichgestellt werden
Menschen mit einer Behinderung und einem GdB von 30 oder 40 können in Deutschland mit Schwerbehinderten gleichgestellt werden. Um gleichgestellt werden zu können, müssen Sie aufgrund Ihrer Behinderung Probleme bei der Arbeitssuche oder beim Halten eines Arbeitsplatzes haben.
Mit der Gleichstellung können Sie einige der Vorteile und Leistungen für Personen mit Schwerbehindertenausweis in Anspruch nehmen (Bsp.: Kündigungsschutz, Hilfsmittel am Arbeitsplatz, Förderung der Integrationsämter).
Den Antrag auf Gleichstellung müssen Sie bei Ihrer zuständigen Agentur für Arbeit stellen. Dabei fallen keine Kosten für Sie an.